Vortrag von Christopher Coenen am 28. Juni um 18:30 Uhr
In Rollenspielen finden sich Spielgruppen zusammen, die gemeinsam eine erdachte Welt „bespielen“. In der Regel gibt es dabei eine (zuweilen ‚Meister‘ genannte) Person, die das Spiel leitet. Bis auf die Figuren der anderen Spieler verkörpert diese Person die ganze Welt und spielt alle Wesen in ihr. Alle anderen Spielenden verkörpern hingegen zumeist nur eine einzige, zumeist selbsterdachte Figur in dieser Welt, ihren ‚Charakter‘.
Da im Prinzip für diese Art von Spiel nur ein Stift und Papier (bzw. etwas zum Notieren) benötigt wird, werden diese Rollenspiele auch Pen’n’Paper genannt. Tatsächlich wird aber zumeist zudem mit Würfeln gespielt, mit denen über Erfolg, Misserfolg und Anderes in dem fiktiven Geschehen entschieden wird. Die Charaktere haben in diesen Spielsystemen unterschiedliche Fähigkeiten, was bei den Würfelergebnissen berücksichtigt wird. Oft stehen den Spielenden auch Texte, Karten, Bilder und andere Materialien zu der bespielten Welt zur Verfügung.
Bekannt geworden ist diese Art von Rollenspielen seit den 1970er Jahren vor allem durch Fantasy-Rollenspiele, also durch Spiele, die in fiktiven Welten des von Schriftstellern wie J.R.R. Tolkien geprägten Fantasy-Genres stattfinden. Detailbeschreibungen der Welten können dabei durch Unternehmen oder Hobbygruppen zur Verfügung gestellt und dabei auch auf literarischen Vorlagen basieren. Oder die Spielleitung entwirft eine eigene Welt. Seit den 1980er Jahren gibt es zunehmend auch derartige Spiele, die in fiktiven Welten anderer Genres (z.B. Horror und Sciencefiction) und zuweilen in der Vergangenheit oder Zukunft der realen Welt angesiedelt sind.
In den USA, wo die Anfänge des Fantasy-Rollenspiels liegen, kam es frühzeitig zu kleineren ‚moralischen Paniken‘, bei denen dieses Spiel u.a. als jugendgefährdend, eskapistisch und okkultistisch bezeichnet wurde. Das Fantasy-Rollenspiel hat zudem erheblich das Computerspiel-Genre und andere Spiel-Genres beeinflusst. In dem Vortrag werden das Fantasy-Rollenspiel und dessen gesellschaftliche Kontexte beschrieben und anschließend – aus der Perspektive eines langjährigen Spielers und Spielleiters – Überlegungen zu kulturellen und gesellschaftlichen Aspekten dieses Spiels zur Diskussion gestellt.