Herxheims Steinzeit in der aktuellen Forschung

16 Apr

Seit 2022 fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) für 3 Jahre die Bearbeitung und Publikation der exzeptionellen Keramik aus der Ritualanlage der frühen Jungsteinzeit hier in Herxheim. Die Archäologin Dr. Eva Häussler untersucht in Zusammenarbeit mit Dr. Andrea Zeeb-Lanz (Landesarchäologie Rheinland-Pfalz ) und Prof. Joseph Maran (Universität Heidelberg) das Material mit Blick auf Fragen der Kommunikation innerhalb verschiedener Gruppen früher Ackerbauern und die Mobilität der Menschen im späten 6. Jahrtausend v. Chr.

Um spezielle Fragen bezüglich des Herxheimer Fundmaterials zu diskutieren, fand am ersten Aprilwochenende in Heidelberg und Herxheim ein mehrtätiger internationaler Workshop mit dem Titel „Zierstilvarianten der jungen LBK in Herxheim (Pfalz) – lokale Imitationen oder Originale aus verschiedenen Regionen?“ statt. Dazu wurden um die 30 Expert*innen für jungsteinzeitliche Keramik eingeladen, die selbst an frühjungneolithischer Keramik arbeiten. Sie wurden gebeten, auch Originalfunde ihres Arbeitsgebietes mitzubringen, um sie gemeinsam mit den Herxheimer Funden zu betrachten. Erstmals wurden so Gemeinsamkeiten und/oder Unterschiede im direkten Vergleich des Materials aus verschiedenen ausgewählten Fundregionen untersucht. Ein vergleichbares Treffen mit 7000 Jahre alter Originalkeramik hat es bislang in der Forschung zu den ersten Ackerbauern Mitteleuropas noch nicht gegeben – der sensationelle Fundplatz Herxheim setzt also wieder einmal Maßstäbe in der überregionalen archäologischen Forschung.

Die Grabungen in Herxheim hatten zahlreiche Gefäßscherben erbracht, die Verzierungen aufweisen, welche für unsere Gegend nicht typisch sind, sondern in insgesamt acht anderen Regionen Deutschlands und angrenzender Länder sehr viel häufiger auftreten. So ist z.B. der aus Böhmen bekannte Zierstil in Herxheim auffällig oft zu finden, aber auch Keramik mit Verzierungen, die normalerweise im Rhein-Main-Gebiet oder Nordhessen gefunden werden, gehört zum Fundbestand von Herxheim. Waren also tatsächlich damals Menschengruppen aus so vielen, teils weit entfernten Gegenden nach Herxheim gekommen und hatten ihre eigenen Tongefäße mit hierher gebracht?

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, wurden in diesem innovativen Workshop nun Funde aus Herxheim mit denjenigen verglichen, welche die Fachkolleg*innen aus ihren Arbeitsgebieten mitgebracht hatten. Zwei Tage lang umringten die Teilnehmer*innen in einem Seminarraum der Neuen Universität Heidelberg große Tische mit dem ausgebreiteten Keramikmaterial und diskutierte Gemeinsamkeiten, Abweichungen in den Ziermustern und die Machart der Tongefäße; die Studien wurden dann am Sonntag im Museum Herxheim fortgesetzt. Ob das Material aus Herxheim tatsächlich aus Böhmen, Nordhessen oder dem Moselmündungsgebiet stammt, um nur einige der Zierstilregionen zu nennen, die in Herxheim vertreten sind, sollte anhand der direkten Vergleiche mit den Originalfunden aus den betreffenden Gegenden möglichst geklärt werden.

Intensive Diskussionen vor Ort. Zu sehen sind Dr. Thomas Link, Dr. Eva Häussler und Dr. Václav Vondrovský

Das Fazit dieses außergewöhnlichen und sehr spannenden Workshops: Die Fundsituation in Herxheim ist sogar noch komplexer, als bisher angenommen wurde!

Der Workshop hat jedoch viele Erkenntnisse gebracht und neue Forschungsansätze aufgezeigt, so dass die weiteren Untersuchungen im Herxheimer Forschungsprojekt nun noch gezielter an die Lösung der Frage gehen können, ob Herxheim ein zentraler Treffpunkt für die frühen Ackerbauerngemeinschaften Mitteleuropas war und hier auch „fremde“ Keramik eine wichtige Rolle in den außergewöhnlichen Ritualen spielte, von denen der Fundplatz zeugt.

Das Museum Herxheim ist im Gegensatz zu vielen anderen Museen in der außergewöhnlichen und glücklichen Position, in Forschungen dieser Art direkt eingebunden zu werden. Bis zum Abschluss des DFG-Projekts im Jahr 2026 werden noch viele Fragen zu klären, Analysen zu tätigen und Diskussionen zu führen sein. Sobald neue wissenschaftlich haltbare Endergebnisse vorliegen, werden diese auch in unsere Dauerausstellung aufgenommen. Etwaige Zwischenbilanzen der Forschungen binden wir gerne in unsere Führungen ein, die im Museum gebucht werden können.

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Willkommen im Museum Herxheim! Unsere Dauerausstellung bietet nicht nur Einblick in die jüngere Ortsgeschichte und die Jungsteinzeit, sondern auch in ein einzigartiges Ritualgeschehen vor 7000 Jahren. Mit unserem museumspädagogischen Programm machen wir Steinzeit erfahrbar und wechselnde Sonderausstellungen bereichern das Erlebnis. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

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